Allgemeine Soziologie und Gesellschaftstheorie
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Forschung

Forschungsschwerpunkte

Rechtssoziologie, Religionssoziologie, Politische Soziologie, Risikosoziologie

Forschungsprojekte

ZeitraumProjekt
5/2013 – 5/2017

Optionssteigerung durch produktive Selbstbeschränkung? Resiliente Strukturen experimenteller Institutionalisierung

(Forschungsverbund BayFor / Bayerisches Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst)

Das Forschungsprojekt konzentriert sich zum einen auf die rechtstheoretische und rechtssoziologische Analyse eines möglichen Rechtsformenwandels in der Verarbeitung neuer Risiken. Lassen sich hierbei Rückschlüsse auf mögliche resiliente Rechtsstrukturen der Selbstbindung gewinnen? Zum anderen untersucht es am institutionellen Fallbeispiel der Chemikalienregulierung sowie medizinischer Ethikkommissionen zur Präimplantationsdiagnostik (PID) mögliche „Übersetzungen“ resilienter Rechtsstrukturen und fragt danach, ob diese zu einer eigenen Typologie resilienten Rechts zusammengeführt werden können.

7/2005 – 9/2009

Reflexiver Konstitutionalismus? Rechtsformenwandel im Prozess reflexiver Modernisierung (DFG)


Die Vertreter einer Soziologie reflexiver Modernisierung heben hervor, dass im Prozess der Globalisierung und einer zunehmenden Transnationalisierung nationalstaatliche Regulierungs- und Handlungsformen unter Druck geraten. Hierbei ist es offensichtlich, dass die einschlägigen Rechtsformen sich im Prozess der Regulierung und Steuerung der unterschiedlichen Herausforderungen der Risikogesellschaft sowie der unbeabsichtigten Nebenfolgen der Weltrisikogesellschaft verändern. Als Konsequenz dieser Prozesse lassen sich neuartige Formen transnationalen Rechts beobachten, die unter dem Begriff des „emergenten Rechts“ diskutiert werden. Das Forschungsprojekt unternimmt den Versuch, diesen rechtspolitischen Wandlungsprozess im Kontext transnationaler und kosmopolitischer Ordnungsbildungen zu systematisieren und an ausgesuchten exemplarischen Beispielen die normative Institutionalisierung eines „reflexiven Konstitutionalismus“ zu begründen.


Dieser Wandlungsprozess wird einerseits rechtsimmanent (Prozeduralisierung, Temporalisierung, Flexibilisierung) sowie rechtspolitisch (Grundrechtssystematik, Entscheidungsregeln auf Verfassungsebene) untersucht. Andererseits unterscheidet das Projekt diese Untersuchungsebenen nach einer nationalstaatlichen und kosmopolitischen Perspektive. Gerade im transnationalen Wirtschaftsrecht (Medizinrecht, Patentrecht) lässt sich die Herausbildung eines transnationalen Kollisionsrechts beobachten (rechtsimmanente Veränderungen).


In der Verschränkung nationalstaatlicher und kosmopolitischer Blickwinkel wird die besondere Dynamik des gegenwärtigen Wandels von Rechtsformen modernen Rechts sichtbar. Um diese Dynamik in seiner Reichweite hervorheben zu können, wird das Forschungsprojekt seine Analyse unter dem Gesichtspunkt des Ausnahmezustands strukturieren. Denn letztlich provozieren die Entwicklungen auf beiden Ebenen die grundsätzliche Frage nach den Grenzen und der Wirksamkeit modernen Rechts.

7/2002 – 7/2005

Nebenfolgen im Recht: risikorechtliche Regulierung neuer Risiken am Beispiel der Biomedizin (DFG)

Das Forschungsprojekt erarbeitet die spezifischen risikorechtlichen Besonderheiten, die in der gegenwärtigen Entwicklung der Biomedizin beobachtet werden können. Die neuartigen „Personalitätsrisiken“ im Kontext biomedizinsicher Humantechnologien, beobachtbare „Subjektivierungsprozesse im Recht“ als auch neue grundrechtspolitische Debatten dienen als Untersuchungsfeld, um die hieraus resultierenden Konfliktlinien in zwei Richtungen zu differenzieren. Einerseits die Konstituierung und Differenzierung neuer Rechtssubjektivität im Kontext der Biomedizin sowie ihrer subjektivrechtlichen Ausdrucksformen, die nicht mehr umstandslos mit den bisherigen wohlfahrtsstaatlichen Rechten des institutionalisierten Individualismus kurzgeschlossen werden können. Andererseits mögliche Antworten auf die dadurch hervorgerufenen Konflikte, die sich in den bisherigen prozeduralen Lösungen abzeichnen und einer weitergehenden Differenzierung bedürfen.


In einer zweiten Hinsicht beabsichtigt das Projekt eine Präzisierung der gegenwärtigen Zeitdiagnose einer „Entgrenzung“ des Politischen. Dabei geht es von der Vermutung aus, dass in den rechtsempirischen Beobachtungen neuer Rechtssubjektivität sich Konfliktlinien zeigen, die nicht allein eine Zunahme neuer subjektiver Rechte implizieren, sondern vielmehr eine Herausforderung bisheriger rechtspolitischer Formen des institutionalisierten Individualismus darstellen.


Für die empirische Weiterentwicklung der „Theorie reflexiver Modernisierung“ greift das Projekt damit die Frage auf, wie durch die konsequente Inanspruchnahme einer „gelingenden Technologie“ soziale Nebenfolgen hervorgerufen werden, die eine Neuorganisation bzw. Infragestellung bisheriger institutioneller Grenzziehungen und Grenzziehungsmuster hervorrufen. Hierbei beabsichtigt das Forschungsprojekt einerseits eine rechtstheoretische sowie rechtspolitische Präzisierung der „Subpolitik“, andererseits eine rechtssoziologische Typologie und prozedurale Heuristik verfahrensrechtlicher Regularien im Umgang mit neuen Risiken.

7/1999 – 7/2002

Institutionelle Folgen kognitiver Ungewissheit und normativer Unsicherheit: das Beispiel der Humangenetik (DFG)

Das Forschungsprojekt leistet einen Beitrag zu der Diskussion um die Veränderung des Status und der Bedeutung „wissenschaftlichen Wissens” in der zweiten Moderne. Unter den Bedingungen „reflexiver Modernisierung” – so die Hypothese – trägt die Zunahme an Wissen gleichzeitig zu einer Steigerung des Nichtwissens bei. Mehr wissenschaftliches Wissen führt mithin nicht notwendigerweise zu mehr Sicherheit, sondern vielmehr zu einer Zunahme an kognitiver Ungewissheit und normativer Unsicherheit. Diese Problematik soll exemplarisch an der medizintechnischen Entwicklung im Bereich der Humangenetik untersucht werden.


Das Projekt erforscht unter ausgewählten Gesichtspunkten drei zentrale gesellschaftliche Institutionen, denen die Aufgabe zukommt, Ungewissheit zu reduzieren bzw. zu kompensieren: die Profession, das Recht und die Politik. Es geht der Frage nach, ob und in welcher Weise in diesen Institutionen die bisherigen Verarbeitungsformen zur Bewältigung von Ungewissheiten ausreichen bzw. an welchen Punkten dies nicht mehr gelingt und in welcher Form sich Anzeichen neuer reflexiver Verfahren auffinden lassen.

1/1999 – 4/2000

Steuerungsrechtliche und –politische Fragen der Humangenetik

(VW-Stiftung)

In der Folge der Entwicklung humangenetischen Wissens kommt es zu neuen Anforderungen an das Medium des Rechts. Neue Grenzziehungen innerhalb des Systems der subjektiven Rechte werden erforderlich. So erzwingt das humangenetische Wissen beispielsweise eine neue Abwägung zwischen dem Recht auf Wissen um die eigene genetische Abstammung und dem Recht auf Nichtwissen. Auch die Schutzpflichten des Staates müssen durch das im allgemeinen Persönlichkeitsrecht verankerte Grundrecht auf „bioethische Selbstbestimmung“ neu ausgehandelt werden. Zudem betreffen die Entwicklungen der Humangenetik das Selbstverständnis personaler Identität. Formen der Intimität werden politisiert, in deren Folge neue Verhältnisbestimmungen von privat und öffentlich auf die Tagesordnung geraten. „Life Politics“ verlangen nach neuen rechtlichen Verfahrensinstrumenten, die politischen Verfahrens- und Steuerungsinstrumente der einfachen Moderne reagieren jedoch nur unzureichend auf diese Herausforderung der „life politics“. Daran knüpft sich die zentrale Frage an, welche „mittleren“ Entscheidungs- und Verfahrensebenen hier gefunden werden können. Das Forschungsprojekt greift diese Fragestellungen auf und untersucht in Form neuer Mediations- und Konsensusverfahren deren soziologische und nicht zuletzt rechtssoziologische Funktion.

1/1997 – 12/1998

Normierung professionellen Handelns im Spannungsfeld von Rechtsrahmen, professioneller Selbstkontrolle und reflexiver Kompetenz am Beispiel der Humangenetik

(VW-Stiftung)

Normen sind Verhaltensregeln, also mehr oder weniger verbindliche Erwartungen, die die Mitglieder einer Gruppe oder der Gesellschaft aneinander stellen und deren Einhaltung sie überwachen. „Normierung“ meint das Setzen, Kontrollieren und Sanktionieren von Verhaltensregeln und impliziert gleichermaßen die Frage nach dem Akteur und dem Vorgang der Normsetzung. Das professionelle Handeln des Humangenetikers ist in ein mehrschichtiges System von Verhaltenserwartungen und -vorschriften eingebunden.


Analytisch legt das Forschungsprojekt ein – am Grad der Verbindlichkeit orientiertes – abgestuftes Modell von Normierung zugrunde, das empirisch überprüft werden soll. Rechtsnormen, also für die Humangenetik einschlägige Gesetzestexte und rechtskräftige Urteile, sind durch ihr hohes Maß an Verbindlichkeit charakterisiert und bilden damit in diesem Modell die oberste Stufe. Die Normierung professionellen Handelns obliegt jedoch nicht ausschließlich den staatlichen Instanzen der Gesetzgebung und der Rechtsprechung. Vielmehr beanspruchen auch die Selbstverwaltungsorgane der Profession, also v.a. die Standesorganisationen und Berufsvereinigungen, dafür eine eigene Zuständigkeit. Auf der zweiten Stufe lassen sich also Verhaltensregelungen und Vorschriften ansiedeln, die seitens der Professionen Medizin und Humangenetik aufgestellt und durchgesetzt werden.


Theoretisch verortet sich die Normierung professionellen Handelns im Spannungsfeld rechtlicher Regulierung einerseits sowie rechtlicher Steuerung von Selbstregulierung andererseits. Das Forschungsprojekt bewegt sich damit an der Schnittstelle zwischen rechts- und professionssoziologischen Problemstellungen. Dabei ist die Frage einer möglichen Wahlverwandtschaft oder einer inhärenten Widersprüchlichkeit „reflexiver“ Kompetenz in der Humangenetik einerseits und der neueren rechtssoziologischen Diskussion um sogenanntes „reflexives Recht“ andererseits zu klären.