Allgemeine Soziologie und Gesellschaftstheorie
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DFG-Forschungsprojekt: "Kommensurierungsprozesse auf Finanzmärkten"

Projektleitung: Dr. Barbara Kuchler

Dass das globale Finanzsystem nicht ungefährlich ist, hat sich inzwischen herumgesprochen. Aber was macht das Finanzsystem eigentlich zum System – also zu einem dicht verschalteten, eigendynamischen, expansionsgeneigten, selbstreferentiellen Zusammenhang? Diese Frage wird selten gestellt, weil der Systembegriff in weiten Teilen der Soziologie als ‚verbrannt‘ gilt. Aber wenn man von Theorievorlieben und -abneigungen einmal absieht, ist die Frage der Sache nach wichtig. Wenn man sie stellt, kann man auf folgende Antwort kommen: Die Systemhaftigkeit des Finanzsystems hängt an seiner Fähigkeit zur Kommensurierung ab, d.h. zur Vergleichbarmachung unterschiedlicher Finanzwerte und Finanzinstrumente. Viele grundlegende Finanzinstrumente (Kredite, Staatsanleihen, Aktien) existieren historisch schon recht lange, aber sie existierten nicht in einem Finanzsystem, sondern als verstreute soziale Praktiken in jeweils ihrem sozialen Milieu – ohne starken Zusammenhang untereinander. Es gab keine Mittel zur ihrer systematischen Vergleichung und relativen Bewertung. Dann wurden jedoch in einem langen historischen Prozess diese Mittel entwickelt, etwa in Form von Rendite- und Risikokennziffern, Diversifierungs- und Arbitragetechniken usw. Aus verstreut betriebenen Finanzpraktiken wurden Elemente eines hoch interdependenten, hochgradig global verschalteten und hochgradig dynamischen Systems, von denen jedes hochsensibel auf Änderungen in anderen reagiert.

Das Projekt erforscht Kommensurierungsprozesse in zwei Dimensionen: Kommensurierung von Derivaten und "einfachen" Finanzwerten (wie Aktien, Anleihen) und Kommensurierung des Bankensektors und des Schattenbankensektor und damit auch die Kommensurierung von Geld und geldäquivalenten Instrumenten wie Repos, Geldmarktfonds, ABCP.

Laufzeit: ab April 2021