Allgemeine Soziologie und Gesellschaftstheorie
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Forschung

DFG-Forschungsprojekt: Vom 'guten Sterben'. Akteurskonstellationen, normative Muster, Perspektivendifferenzen

Mittlerweile gehört zu einem ‚guten Tod’ ein aufwändiges Management des Sterbens, das Medizin, Seelsorge, Pflege, Familie und Freunde umfasst; aber vor allen Dingen wird jeder Einzelne ermuntert, Herr seines eigenen Sterbens zu sein. Dies impliziert, dass die Lebensqualität der letzten Lebenstage – das persönliche Wohlbefinden, die Nähe zu anderen Menschen, aber auch das Ausmaß von Ängsten, Traurigkeit und Depressionen – vermehrt bei der alltäglichen Praxis der Sterbebegleitung in den Fokus gerät und sämtliche Beteiligten, die Betroffenen, die Familie und Freunde, Pflegekräfte und Ärzte sowie Ehrenamtliche, involviert. Diese multiplen Perspektiven können jedoch zu Unsicherheiten in der Praxis bezüglich der Deutung eines normativen Ideals des ‚guten Sterbens’ führen.

Unser Ziel ist es, 1. mittels qualitativer Forschung in stationären Hospizen und auf Palliativstationen fallbezogen die verschiedenen Perspektiven und Akteurskonstellationen von Patienten/Gästen, Berufsgruppen und Angehörigen zur Sterbebegleitung zu erfassen und hierbei auch zu berücksichtigen, was im einzelnen Fall unter einem ‚Leben bis zuletzt‘ und einem ‚guten Sterben‘ verstanden wird, 2. die mit diesen Perspektivendifferenzen verbundenen normativen Konzepte in ihrer Unterschiedlichkeit und Ähnlichkeit zu explizieren und 3. auf dieser Grundlage sichtbar zu machen, auf welche Varianten eine moderne Praxis des Sterbens losgelöst von ihren idealisierten Konzepten empirisch verweist. Sowohl aus der Perspektive der katholischen Theologie als auch aus der soziologischen Perspektive geht es darum, in der Praxis des Sterbens Zeichen der Kontingenz dieser Abläufe zu suchen.

Projektleitung: Prof. Dr. Armin Nassehi, Prof. Dr. Christof Breitsameter, Dr. Irmhild Saake

Laufzeit: 3 Jahre - beginnend September 2017


Forschungsprojekt: "Übersetzungskonflikte"

Das Forschungsprojekt geht von zwei Grundannahmen aus. Zum einen baut es auf die gesellschaftstheoretische Diagnose einer funktional differenzierten modernen Gesellschaft. Anders als die meisten Rekurse auf das Theorem funktionaler Differenzierung liegt unser Fokus auf den unvermeidlichen Konflikten zwischen den radikal unterschiedlichen funktionalen Logiken. Zugleich beginnt es bei der Beobachtung, dass das Konflikthafte öffentlicher Diskurse keineswegs bloß in unterschiedlichen normativen Standards oder einer nicht beendbaren Debatte über gute Gründe zu suchen ist, sondern unmittelbar mit der Struktur funktionaler Differenzierung zusammenhängt. Das Forschungsprojekt Übersetzungskonflikte wird dies empirisch an drei Fallstudien über die Organspende, über die Beschneidung und über die Palliativmedizin exemplarisch demonstrieren. Diesen drei Fällen ist gemein, dass sie zum einen Debatten mit großer öffentlicher Aufmerksamkeit erzeugen, dass sie zum anderen davon geprägt sind, dass hier Sprecher unterschiedlicher gesellschaftlicher und kultureller Herkünfte aufeinander stoßen und dass sich darin exemplarische Fälle für die Struktur von Übersetzungskonflikten zwischen unterschiedlichen funktionalen Logiken, Professionen und Wissensformen beobachten lassen. Der Topos Übersetzung dient dazu, darauf aufmerksam zu machen, dass sich die unterschiedlichen Perspektiven nicht ohne Rest und nicht eins-zu-eins aufeinander abbilden lassen und damit letztlich in unlösbare Konflikte geraten, für die freilich empirisch dann doch Lösungen gefunden werden müssen. Das Forschungsprojekt verfolgt neben der Analyse der Fallstudien zugleich das Ziel, die Theoriefigur der funktionalen Differenzierung empirisch ernst zu nehmen und einerseits der Kritik zu begegnen, Differenzierung bedeute Berührungslosigkeit und wohldefinierte Arbeitsteilung. Andererseits will es empirisch zeigen, wie eine Gesellschaft mit ihrer Differenzierung umgeht, der keine moderierendes, zentral koordinierende oder sogar steuernde Instanz bzw. Funktion zur Verfügung steht. Aus diesen Ergebnissen sollten sich begriffliche Präzisierungen der Theorie funktionaler Differenzierung als Forschungsprogramm ableiten lassen, die aber stets neue Selbstbeschreibungen präsentieren muss.

Projektleitung: Prof. Dr. Armin Nassehi, Dr. Irmhild Saake

Wissenschaftliche Mitarbeiter: Dipl.-Soz. Niklas Barth

Gefördert von: DFG

Laufzeit: 2015 - 2018

Die Bedeutung von Wissen in der Gestaltung und Regulierung von Gesundheits- und Bildungspolitik in Europa: Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen Nationen und Sektoren

Logo Know&PolAuf welche Wissensbasis können politische Entscheidungsträger zurückgreifen? Wie funktioniert die Wissenszirkulation zwischen Forschungsinstitutionen und Politik? Fragen dieser Art werden im Rahmen des Forschungsprojektes ‚Knowledge and Policy‘ gestellt und beantwortet. Das Projekt untersucht die Intersektionen von wissenschaftlicher Expertise und politischen Entscheidungsfindungsprozessen. Es sollen Einblicke darüber verschafft werden, wie Fachwissen relevanter Wissenschaftszweige in Form von Expertengremien, Ausschüssen oder Auftragsforschung Eingang in politische Entscheidungen findet. Als Fallbeispiel werden Aspekte der Gesundheits- und Bildungspolitik in Deutschland untersucht.

Das internationale Forschungsprojekt sucht nach Ähnlichkeiten und Unterschieden zwischen den beiden Untersuchungssektoren ‚Bildungs-‘ und ‚Gesundheitspolitik‘ sowie zwischen den teilnehmenden Ländern. Es sollen länder- und sektorspezifische Modelle der Ausgestaltungsmöglichkeiten der Zusammenarbeit von Wissenschaft und Politik nachgezeichnet werden.

Beteiligte Länder: Deutschland, Belgien, Frankreich, Norwegen, Schottland, Portugal, Ungarn und Rumänien

Beteiligte Personen: Prof. Dr. Armin Nassehi (Leitung), Dr. Alma von der Hagen-Demszky, Katharina Mayr

Laufzeit: 2006 - 2011

Gefördert durch die EU.

Übersicht über die EU-Projekte an der LMU


Ethik und Organisation - Klinische Ethik-Komitees: Strukturen ethischer Entscheidungen

Die Vermehrung von Ethik-Komitees in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen verweist auf zweierlei: zum einen darauf, dass die moderne Gesellschaft unhintergehbar mit moralischer Diversität leben muss, zum anderen darauf, dass Entscheidungen in wichtigen gesellschaftlichen Bereichen zunehmend ohne sichere Entscheidungskriterien gefällt werden müssen. Das interdisziplinär angelegte Forschungsprojekt beteiligt Theologen und Soziologen. Während die theologischen Kollegen sich in erster Linie für die Frage interessieren, wie sich bestimmte Standards abendländischer Begründungsfiguren in gegenwärtige Entscheidungsroutinen implemenetieren lassen, ist es das Interesse der soziologischen Beteiligten, semantische und strategische Grundstrukturen in ethischen Entscheidungsprozessen herauszuarbeiten. Dabei werden sowohl gesellschaftstheoretische als auch organisationssoziologische und Fragen des Transfers wissenschaftlich begründeter Standards in nicht-wissenschaftliche Handlungszusammenhänge untersucht. Gegenstand der Untersuchung werden in erster Linie medizinische Ethik-Komitees sein.

Homepage: http://euo.userweb.mwn.de

Beteiligte Personen: Reiner Anselm (Göttingen), Armin Nassehi, Traugott Roser, Irmhild Saake, Michael Schibilsky (Inst. f. prakt. Theologie, LMU)

Projektförderung durch die DFG

Laufzeit: 2007 - 2009

Projektbeschreibung und Projektergebnisse: Seite der DFG


Todesbilder in der modernen Gesellschaft

Kurzbeschreibung: Nach der Erosion klassischer religiöser und sonstiger traditioneller Todesbilder spürt das Forschungsprojekt alltagsrelevanten Todesbildern nach, von denen anzunehmen ist, daß sie die klassischen und traditionellen Todesbilder entweder substituieren oder erweitern.

Beteiligte Personen: Susanne Brüggen, Armin Nassehi (Leiter), Hubertus Niedermaier, Ursula Niesel, Irmhild Saake, Georg Weber (Münster).

Projektförderung durch die DFG (1999 - 2001).


Migration von Siebenbürger Sachsen in die Bundesrepublik

Kurzbeschreibung: Nach dem Zusammenbruch des Ostblocks sind die Grenzen in den Westen offener geworden. Am Beispiel der deutschen Minderheit der Siebenbürger Sachsen in Rumänien wird der Auswanderungsprozeß dieser Gruppe empirisch nachverfolgt. Dabei werden sowohl die Ausreise- wie die Ankunfts- und Konsolidierungsprozesse in der BRD untersucht.

Beteiligte Personen: Georg Kneer (Schwäbisch-Gmünd), Armin Nassehi, Irmhild Saake, Oliver Sill, Renate Weber-Schlenther (Münster), Georg Weber (Münster, Leiter).

Projektförderung durch das Bundesministerium des Innern (1992-1995), nach Förderungsende aus Eigenmitteln (Buchpublikation im Westdeutschen Verlag für Ende 2002 vorgesehen).


Zur (Epistemo)Logik der Sozialwissenschaften

Kurzbeschreibung: Die Sozialwissenschaften befinden sich derzeit in einer doppelten Krise. Ihre Kategoriensysteme und Operationalisierungsroutinen ebenso wie ihre grundlegenden Gesellschafts- und Sozialtheorien scheinen träger zu sein als ihr Gegenstand, der sich derzeit rascher und grundlegender wandelt, als es die Nomenklatur unseres Faches wahrhaben will. Kompensiert wird dies durch einen erheblichen Aufwand bei der Erforschung von Fakten oder durch einen Stellvertreterstreit zwischen "quantitativer" und "qualitativer" Sozialforschung, der ebenso lautstark wie folgenlos geführt wird.

Diese Forschung, so ertragreich und unverzichtbar sie auch ist, läuft fast ohne Reflexion auf seine epistemologischen Grundlagen. Ein naiver "Hempel-Oppenheim-Realismus" scheint sich für Verunsicherungen immun zu machen. Ziel ist es, die Frage der Logik der Sozialwissenschaften neu zu stellen und diese Frage nicht im Sinne einer bloßen Kritik der empirischen Forschung zu stellen, sondern im Sinne einer epistemologischen Reflexion auf Forschung. Dieser Forschungsschwerpunkt ist langfristig angelegt und verfolgt das Ziel, aus systemtheoretischen, poststrukturalistischen, konstruktivistischen und phänomenologischen Elementen einen Beitrag zur Theorie der Methodologie der Sozialwissenschaften zu leisten.

Beteiligte Personen: Armin Nassehi

Finanzierung aus Eigenmitteln.